Zwei Magic Booster ergeben ein Magic Deck. Nach dieser Devise bietet Jumpstart Spielern eine neue Möglichkeit das Limited Format zu erleben. Standardländer sind schon genug in den Boostern enthalten, sodass man nur zwei Booster mischen muss, um ein zufälliges spielfertiges Deck zu erhalten.
Das Jumpstart Set hätte eigentlich bereits im Juni erscheinen sollen, wurde dann aber dank einer gewissen Pandemie erst auf Juli und dann für Europa auf Oktober verschoben. Das Set ist wie auch etwa Commander Sets nicht in Standard, Pioneer oder Modern legal, sodass sich die Review auf Commander und vielleicht auch mal Legacy, Vintage oder Pauper konzentriert. Dadurch, dass sich das Set auf Limited konzentriert, sind viele Karten für Constructed eher irrelevant, was die Review immerhin kurz halten sollte. Wir werden zunächst mit den weißen Karten „starten“ und dann zu den restlichen Farben „jumpen“.
Weiß
Emiel the Blessed
Ein weiterer Flicker Commander, diesmal für Selesnya Farben. Flicker hat normalerweise auch noch Blau dabei, etwa mit Roon of the Hidden Realm aber wenn man will, kann man wohl auf die zusätzliche Farbe verzichten. Drei Mana ist auch ein vernünftiger Preis für den Effekt. Falls ihr überlegt, ein Einhorn Deck im EDH zu bauen: Es gibt 22 andere Einhörner, die ihr in dem Deck spielen könntet, und die meisten davon sind auch mit 2 +1/+1 Marken nicht wirklich gut. Als Flicker Commander ist die Konkurrenz mit Aminatou, Brago und Roon sehr hart, aber wenn ihr ein Einhorn als Commander haben wollt, wird euch das kaum abhalten.
Blessed Sanctuary
Schutz vor Nichtkampfschaden für das komplette Board und den Spieler ist ziemlich gut. Der zweite Effekt bietet Flicker Decks eine nette Möglichkeit, echt Feldpräsenz aufzubauen. Die Verzauberung dürfte einen Platz in so manch einem EDH Deck finden und so einigen roten Spielern Kopfschmerzen bereiten. Gute Karte!
Steel-Plume Marshal
Spielt ihr ein fliegendes Deck? Dann rein mit dem Marshal. Der Effekt ist schlicht, kann aber für Token Armeen ein relevanter Buff sein, um Spiele zu beenden. Flieger an sich sind kein besonders beliebtes Thema, aber immerhin erhalten sie hier netten Support. Vögel sind übrigens auch ein nettes Tempo Deck für Casual.
Brightmare
Dieses Einhorn könnte in manchen monoweißen Duel Commander Decks spielbar sein. Eine Kreatur zu tappen ist offensiv immer gut und Lifegain hilft gegen aggressive Decks. Es gibt für drei Mana allerdings auch mehr als genug andere gute Karten in Weiß.
Release the Dogs
Vier Token auf einer Karte sieht man nicht jeden Tag. Decks, die gerne in die Breite gehen, können diese Hexerei sicherlich gut gebrauchen.
Trusty Retriever
Gibt es ein Deck im Pauper, das Artefakte oder Verzauberungen vom Friedhof zurückholen will? Wenn ja, wird der Hund in diesem Deck einen soliden Job machen.
Blau
Bruvac the Grandiloquent
Und an dem Punkt hätte Jumpstart legal im Modern sein müssen. Bruvac hat enormes Potential für Mill, aber welches Deck soll das nutzen? Im Legacy ist Mill immer noch nicht gut genug und im Commander durch die großen Decks allgemein schwach. Es gibt da noch einige Decks wie the Scarab God, die den gegnerischen Friedhof ausnutzen und somit Bruvac gut verwenden können, aber das ist eine sehr schmale Nische. Tolle Karte für alle Casual Mill Spieler, aber leider im falschen Set für alle, die auch mal Turniere besuchen.
Corsair Captain
Toller Lord für Piraten, nicht mehr und nicht weniger. Wenn ihr zufällig Admiral Beckett Brass als Commander spielt, ist der Kapitän eine tolle Wahl, ansonsten ist er eher ein Fall für diverse casual Piraten Decks.
Inniaz, the Gale Force
Inniaz bietet einen recht generischen Commander für diverse Flieger in den Farben der Azorius, der dazu auch noch Karten austauscht. Ein Deck um ihn dürfte Token nutzen, sodass ihr im Regelfall nichts allzu wertvolles abgeben solltet. Ihr bekommt im EDH zwar nur die Karten eines Spielers, aber das kann abhängig vom Feld dieses Spielers schon für einige Vorteile sorgen. Davon abgesehen ist Inniaz ein interessanter politischer Commander, der im Vergleich zu anderen auch noch recht aggressiv gebaut werden kann. Nette Karte!
Ormos, Archive Keeper
Ormos zieht als Commander wahnsinnig viele Karten und kann ganz nebenbei auch noch sehr schnell sehr groß werden, wenn die Bedingungen von Laboratory Maniac erfüllt sind. Er gewinnt mit seinem zweiten Effekt zwar nicht sofort, sondern wird nur groß genug, um evtl. Gegner mit einem Angriff aus dem Spiel zu werfen, aber das wäre vom Commander auch etwas viel erwartet. So dürfte er in diverse blaue Decks passen, die Karten abwerfen wollen, sich selbst millen oder einfach einen soliden Beatstick mit einiger Upside brauchen. Gute Karte!
Scholar of the Lost Trove
Ein großer Flieger, der einen Zauberspruch aus dem Friedhof recycled. Reanimator Decks in verschiedenen Formaten könnten an so einem Effekt interessiert sein, aber auch ohne solche Tricks dürfte diese Sphinx ihren Weg in so manch ein EDH Deck finden.
Archeomender
Der Preis ist für den Body und eine Karte vom Friedhof ziemlich gut. Im EDH gibt es bestimmt mal wieder Decks, die Artefakte recyclen wollen, aber auch im Pauper könnte dieser Zauberer ein Zuhause finden.
Schwarz
Tinybones, Trinket Thief
Endlich wieder ein starker Discard Commander! Tinybones ist vielleicht nicht spektakulär, bietet aber für nur zwei Mana sehr soliden Kartennachschub, der komplett eskalieren kann, wenn man die Gegner auch in ihren Zügen abwerfen lassen kann. Der zweite Effekt kann zusätzlich dafür sorgen, dass Spiele sehr schnell ein Ende finden, wenn die Gegner keine Handkarten mehr haben. Alles in allem ein sehr solider Commander für ein viel zu selten gespieltes Deckthema.
Kels, Fight Fixer
Ein Sacrifice Commander in den Farben ist ungewöhnlich, aber bei weitem nicht schlecht. Grimgrin bietet als Alternative Removal, muss dafür aber angreifen. Kels ist stabiler, kann sogar unzerstörbar sein und bietet Card Draw, was so ziemlich immer nützlich ist. In den Farben gibt es spannendere Commander, aber für ein Opfer Deck ist Kels eine solide Wahl.
Witch of the Moors
Ein Edict für alle Gegner und eine Kreatur vom eigenen Friedhof sind schon locker drei Mana wert. Wenn man die Hexe nur zweimal auslöst, was in einem Deck mit einigermaßen viel Lifegain kein Problem sein sollte, hat sie sich schon mehr als bezahlt gemacht. Starke Karte!
Nocturnal Feeder
Das Gesamtpaket ist ziemlich effizient, sodass man den Feeder durchaus mal im Pauper sehen könnte. Andererseits hat auch Serrated Scorpion aus Ikoria keine Präsenz im Budget Format schlechthin gezeigt, sodass die Chancen für den blutsaugenden Schurken wohl eher schlecht stehen.
Rot
Immolating Gyre
Ein einseitiger Boardwipe für sechs Mana ist schon ziemlich effizient. Natürlich braucht die Hexerei Setup und wird manche übergroßen Kreaturen nicht treffen, aber als Mass Removal in Spellslinger Decks im EDH ist sie hervorragend.
Lightning Phoenix
Im Multiplayer ist er ein netter Wiedergänger für rote Decks, in meinen Augen ist der Phoenix aber vor allem im Duel Commander interessant. 2/2 mit Flying und Haste für drei Mana war schon öfter spielbar und dieser Phoenix lässt sich in Burn auch noch recht leicht wiederbeleben. Gute Karte, aber leider nur für wenige Decks.
Muxus, Goblin Grandee
Goblins sind im EDH nicht unbedingt das beliebteste Deck, aber Muxus bietet immerhin einen Commander mit sehr viel Kartenvorteil. Drei Goblins sind durch den ersten Effekt wohl realistisch zu erreichen und sorgen neben dem 4/4 Body für eine ordentliche kleine Armee zum vernünftigen Preis. Neben EDH ist Muxus auch noch für alle Spieler interessant, die die grünen Knilche einfach nur casual spielen wollen.
Sethron, Hurloon General
Wie auch die anderen Lords in diesem Set ist Sethron eine gute Karte für sein Themendeck, aber eben auch nur das. Wer Minotauren casual oder im EDH spielen möchte, hat hier einen tollen General, aber auf Turnieren oder kompetitiven Multiplayer Runden wird man ihn nicht sehen.
Zurzoth, Chaos Rider
Token Decks im EDH erhalten hier einen netten kleinen Generator, der auch noch Schaden verschießt und sich ein wenig durch das Deck wühlt. Nett für manche Decks, aber nichts wirklich besonderes.
Grün
Allosaurus Shepherd
Mit weitem Abstand die beste neue Karte des Sets. Elfen erhalten mit ihm im Legacy einen starken Konter gegen Blau und dazu auch noch einen Finisher im Lategame. Auch im EDH und Duel Commander sorgt sein Schutz vor Counterspells für einen Platz in vielen grünen Decks. Sehr starke Karte!
Towering Titan
Ein großer Beatstick für Decks mit hoher Toughness. Klar kann der Titan in einem Deck wie Doran oder Arcades ziemlich gigantisch werden, aber selbst dann ist er ein reiner Stat Stick für sechs Mana, der für Evasion auch noch eine andere Kreatur opfern muss. Solide Option für besagte EDH Decks, aber mehr nicht.
Branching Evolution
Der zweite Teil von Doubling Season beschränkt auf Kreaturen ist immer noch ziemlich gut. Atraxa, Vorel und bestimmt ein Dutzend anderer Commander können von solchen Effekten nicht genug kriegen. Das „Missbrauchspotenzial“ von Doubling Season über Planeswalker und anderer Marken als +1/+1 Marken ist zwar nicht mehr gegeben, aber auch gar nicht nötig. Starke Karte!
Neyith of the Dire Hunt
Ein generischer Commander für Gruul Decks, aber bei weitem nicht schlecht. Kampfremoval ist in Grün reichlich vorhanden und Prey Upon sieht ziemlich stark aus, wenn man dadurch noch eine Karte zieht. Der leichte Lure-Effekt bietet dazu weiteres Removal. Solider Commander!
Thriving Heath / Thriving Isle / Thriving Moor / Thriving Bluff / Thriving Grove
Länder, die immer getappt ins Spiel kommen, sind nicht wirklich gut, aber immerhin können diese alle Farben produzieren. Für drei- oder mehrfarbige Commander Decks mit knappem Budget sind sie okay.
Die Reprints
Die Spielstärke dieser Karten ist hinlänglich bekannt, aber lasst mich mal die fünf wertvollsten Reprints des Sets benennen:
1: Craterhoof Behemoth (€30-35)
2: Exquisite Blood (€20-27)
3: Oracle of Mul Daya (€17-20)
4: Linvala, Keeper of Silence (€15-19)
5: Rhystic Study (€15)
Dazu kommen mit Selvala, Sheoldred, Gisa und Rise of the Dark Realms noch weitere Reprints mit einem Wert von über €10. Diese Preise werden mit Release wohl noch etwas sinken, aber dank ihrer Relevanz gerade im EDH nicht allzu stark. Dazu kommen noch gute Uncommons wie Herald’s Horn, Goblin Lore, Path to Exile, Blood Artist, Coastal Piracy und einige weitere. Kurz gesagt: Bei den Reprints sind einige schöne Sachen dabei.
Meine Meinung
Jumpstart ist für mich extrem schwierig zu bewerten.
Fangen wir mal mit dem Gameplay an: Das Set verspricht ein vereinfachtes Limited Erlebnis mit lediglich zwei Boostern pro Person und ohne komplizierten Deckbau. Gerade für Anfänger im Limited sollte das ziemlich attraktiv sein. Wer Drafts gewohnt ist, könnte dieses Format dagegen etwas zu einfach finden. Darüber hinaus könnte man eine Art Cube erstellen, indem man jede Boosterkonstellation sammelt und diese Booster immer wieder verwendet. Ein klassischer Cube macht in meinen Augen mehr Sinn, aber gerade für Anfänger oder diejenigen, die einfach ein schnelles Spiel wollen, ist das Set sehr gut geeignet. Die meisten Decks wirken auch durchaus gut kombinierbar und ergeben ein fürs Limited typisches mehr oder weniger aggressives Midrange Deck. Alleine das Mill Deck passt synergiert mit keinem anderen und ist vermutlich deutlich schlechter, aber das ist absolut verzeihbar.
Schwieriger wird es, wenn man die Karten losgelöst vom neuen Limited Format betrachtet. Dort erscheint ein Vergleich mit Sets wie Battlebond oder Conspiracy am passendsten: Auch diese Sets sind vorwiegend für das Limited konzipiert und die neuen Karten weder im Standard noch im Modern legal. Wo allerdings Conspiracy 1 Dack Fayden und Council’s Judgment, Conspiracy 2 Leovold, Daretti, Sanctum Prelate und Recruiter of the Guard ins Legacy einführte, ist hier allein Allosaurus Shepherd wirklich interessant. Für EDH gibt es ein paar nette neue Commander und Karten, die in verschiedene Decks passen, aber nichts wirklich herausragendes. Vielleicht sind meine Erwartungen auch etwas zu hoch, aber insgesamt hätte mich mir da mehr Mut zu starken Karten gewünscht. Wer allerdings rein casual und außerhalb aller Formate spielt, findet in Jumpstart solide Karten für kreative Themen wie Flieger Tribal, Piraten, Mill oder Minotauren.
Auch in anderer Hinsicht enttäuscht mich das Design der neuen Karten etwas: Dadurch, dass das Set an keine Welt gebunden ist, wirkt der Flavour insgesamt ziemlich generisch, fast schon langweilig. Tinybones klingt eigentlich wie ein interessanter Charakter, aber wir erhalten keine Einordnung, was mit dem kleinen Skelelett passiert ist, wie es gestorben ist etc. Auch über Muxus, Ormos oder Emiel wissen wir nichts, nicht einmal, von welcher Welt sie stammen. Dies dürfte daran liegen, dass Jumpstart im Gegensatz zu Battlebond oder Conspiracy nicht auf einer einzelnen Welt spielt, sondern ähnlich wie ein Core Set verschiedene Welten abdeckt. Das ist grundsätzlich auch in Ordnung, in meinen Augen sollten aber zumindest neue Legenden ein wenig Einordnung erhalten.
Auch die Anzahl neuer Karten enttäuscht etwas. In Conspiracy 2 und Battlebond hatten wir 80 oder mehr neue Karten, hier sind es 34. Reprints wie Hamletback Goliath, Harvester of Souls oder High Sentinels of Arashin hätten leicht durch neue Karten ersetzt werden können. WotC war hier bei den neuen Karten einfach faul. Dies lässt sich aber zumindest ein wenig dadurch entschuldigen, dass das Konzept des Sets ein völlig neues ist und Ressourcen scheinbar eher in die Ausgestaltung des Boosterinhalts als in neue Kartendesigns geflossen sind.
Fassen wir also zusammen: Jumpstart ist ein Set mit wenigen neuen Karten, die noch dazu zumindest im Flavour langweilig designed sind. Diese Schwächen gleicht es allerdings mit einem wirklich innovativen Spielkonzept und guten Reprints aus. Für wen ist das Set also empfehlenswert? Ich denke, eine Kaufempfehlung kommt hier stark darauf an, wie sehr man sich für das neue Spielkonzept interessiert. Wer ein paar Freunde hat, die Limited allgemein gerne ausprobieren möchten oder mal ein einfacheres Konzept als Draft oder Sealed testen wollen, macht mit Jumpstart vieles richtig. Ein Spiel kostet pro Person (2 Booster) ungefähr sieben Euro, also ungefähr das gleiche wie drei Draft Booster, die jeder für einen Draft braucht. Dafür ist Jumpstart einfacher zu spielen und geöffnete Booster lassen sich gut für weitere Spiele verwenden, sodass ein einzelnes Display mehr Spielspaß enthält als wohl jedes andere Set. Die Karten alleine rechtfertigen dagegen in meinen Augen nicht den Kauf von Displays. Also, wenn ihr Lust auf eine neue Spielerfahrung in Magic habt, probiert Jumpstart auf jeden Fall aus. Wenn ihr lieber bei dem bleibt, was ihr ohnehin schon spielt oder euch das neue Limited Format zu einfach erscheint, seid ihr mit anderen Sets besser bedient.
Ich hoffe, meine Review konnte euch etwas helfen. Viel Spaß mit dem neuen Set und bleibt vor allem gesund!
Euer Berkut