Yugioh – Losgekettete Macht mit dem neuen Top-Meta-Deck

Irgendwie hat mich Unchained schon immer begeistert. Dann gab es aber doch immer wieder andere Yu-Gi-Oh! Decks, die ich lieber spielen wollte und jetzt ist der richtige Zeitpunkt, sich Unchained zuzulegen, aufgrund der absurd gestiegenen Preise einfach verpasst. Das soll uns aber heute nicht davon abhalten, dieses Deck einmal unter die Lupe zu nehmen.

Ein losgeketteter Werdegang

Seit Chaos Impact existiert das Losgekettet-Thema nun schon im TCG, also seit ziemlich genau vier Jahren. So richtig glänzen konnte das Deckthema bisher nicht, das hat sich nun seit einigen Wochen aber gravierend geändert und Losgekettet gilt als eines der besten Decks der aktuellen Formate. 

Das Thema konzentriert sich auf die Zerstörung von Karten, was entweder als Bedingung oder als Teil des Karteneffekts umgesetzt wird. Dadurch ist das Deck sehr beständig gegen Zerstörungen und kann auch im gegnerischen Spielzug dynamisch mitspielen. Das ist auch schon das wirklich Schöne an diesem Deck: Unchained ist unheimlich stark, kommt dabei aber ohne Floodgates und ohne Locks und generell unfaire Karten aus.

Der Archetype selbst besteht aus sieben Effektmonstern, vier Linkmonstern, einer Zauber- und zwei Fallenkarten. Eine der wichtigsten Karten des Decks, Gefängnis der Scheußlichkeit, ist streng genommen eine Support-Karte und keine Losgekettet-Karte.

Durch den neuen Support aus Duelist Nexus steht das Deck nun vermehrt im Rampenlicht und konnte auf der YCS Vancouver die Plätze 1-3 belegen. Den Sieg eingefahren hat Jesse Kotton, eine wahre Größe auf dem Gebiet des kompetitiven Yu-Gi-Oh!

Das Deck

MonsterZauberFallenExtra DeckSide Deck
1 Scheußliche losgekettete Seele
1 D/D/D-Vizekönig Requiem
1 Teuflischer Nashornkrieger
3 Nibiru, das Urwesen
3 Fremdenführerin aus der Unterwelt
3 Losgekettete Seele von Sharvara
1 Losgekettete Seele von Shyama
3 Losgekettete Zwillinge – Aruha
1 Losgekettete Zwillinge – Rakea
1 Losgekettete Zwillinge – Sarama
3 Gefängnis der Scheußlichkeit
3 Buch der Verfinsterung
1 Harpyien-Flederwisch
3 Dunkler Vertrag mit dem Tor
3 Topf des Wohlstands
1 Talent der drei Taktiken
3 Stoß der drei Taktiken
1 Heulen der losgeketteten Seelen
2 Scheußliche Kammer der Losgeketteten
3 Fluch der Losgeketteten
1 Göttliches Arsenal AA-ZEUS – Himmelsdonner
1 D/D/D-Erfinderkönig Deus Machinex
2 D/D/D-Wellenhochkönig Caesar
1 D/D/D-Steinkönig Darius
1 Albtraumritter Greif
1 Albtraumritter Einhorn
1 Schmierfink aus der Unterwelt
1 Losgekettete Scheußlichkeit
2 Losgekettete Seele Lord von Yama
1 Losgekettete Seele der Angst
2 Losgekettete Seele der Raserei
1 Unterweltgöttin der geschlossenen Welt
3 Aschenblüte & Freudiger Frühling
2 Abgeheuerlicher Druiswurm
1 Überläufer
1 Zerstörerische Daruma-Karmakanone
1 Dimensionsbarriere
1 Ausgeglichener Zweikampf
1 Herold des Abgrunds
2 Blitzsturm
3 Marionettenmilbe

Losgekettete Seele von Sharvara

Losgekettete Seele von Sharvara tut alles, was das Deckthema eben tut: sie zerstört Karten. Genauer: Per Schnelleffekt könnt ihr während der Main Phase einen eurer Unterweltler oder eine eurer verdeckten Zauber- beziehungsweise Fallenkarten zerstören, um Sharvara spezialzubeschwören. Ihr seid danach zwar auf Unterweltler gelockt, aber das juckt euch kaum. Wird dieses Effektmonster zudem auf den Friedhof geschickt, könnt ihr eine Zauber- oder Fallenkarte des Deckthemas direkt setzen. Dreimal solltet ihr Losgekettete Seele von Sharvara schon spielen, immerhin könnt ihr ihren Effekt auch während der gegnerischen Main Phase nutzen und auch der Sucheffekt ist äußerst nützlich.

Losgekettete Zwillinge – Aruha 

Jesse Kotton folgt in seinen Ratios dem allgemeinen Konsens, der vorsieht, dass auch Losgekettete Zwillinge – Aruha dreimal gespielt wird. 

Auch Aruha könnt ihr spezialbeschwören, indem ihr eine eurer Karten zerstört. Das funktioniert aber nur im eigenen Zug und ist dahingehend nicht so flexibel wie die oben erwähnte Losgekettete Seele von Sharvara. Auch der Feldeffekt ist etwas weniger dynamisch, denn der besagt, dass Aruha durch Kampf oder Karteneffekt zerstört werden muss, um seinen Effekt zu triggern. Dann dürft ihr ein Losgekettet-Monster von der Hand oder gleich vom Deck spezialbeschwören. Das ist, trotz aller Einschränkungen, immens gut und erlaubt es euch, jedes Monster eurer Losgekettet-Engine zu beschwören. 

Gefängnis der Scheußlichkeit

Diese Zauberkarte hat seit ihrem Release in Chaos Impact erst einen Reprint bekommen, und zwar 2020 in der Tin of Lost Memories. Ein neuer Reprint wäre mehr als willkommen, denn selbst die Ultra Rare aus der Mega Tin kostet mittlerweile ein kleines Vermögen – und natürlich braucht ihr drei davon. 

Zum Einen könnt ihr euch mit ihr jede beliebige Losgekettet-Karte suchen. Das ist schon wunderbar, genauso überzeugend ist aber auch der zweite Effekt, der es euch erlaubt, ein Losgekettet-Monster direkt vom Deck zu beschwören, wenn euer gesetztes Gefängnis der Scheußlichkeit zerstört wird. Das bewerkstelligt ihr in der Regel selbst und da ihr jeden der beiden Effekte einmal pro Spielzug nutzen könnt, könnt ihr mit Gefängnis der Scheußlichkeit immensen Kartenvorteil generieren. Drei Exemplare sind, trotz des Preises, ein absolutes Muss in diesem Deck. 

Dunkler Vertrag mit dem Tor

Die Permanente Zauberkarte Dunkler Vertrag mit dem Tor gehört eigentlich ins D/D-Thema, ist aber im Losgekettet-Deck so gut, dass ihr sie dreimal spielen wollt. Ihr Zweck ist eigentlich nur, D/D/D-Vizekönig Requiem zu suchen, ein anderes valides Ziel spielt Jesse Kotton gar nicht. 

Requiem selbst ist vielseitig. Sein Pendel-Effekt lässt ihn sich selbst spezialbeschwören und macht ihn zusätzlich Stufenvariabel. Sein Monstereffekt hingegen lässt euch Karten auf dem Feld (also auch eure eigenen) zerstören. Die Ultra Rare aus Ghosts from the Past: The 2nd Haunting lässt euch zwar nur noch D/D/D-Monster spezialbeschwören, aber von denen spielt Jesse Kotton immerhin drei, sodass es an Flexibilität dennoch nicht mangelt. 

Das Extra Deck

Werfen wir als nächstes einen Blick ins Extra Deck, denn dank Duelist Nexus hat sich auch hier ein bisschen was getan, auch wenn der Großteil des Extra Decks immer noch aus Chaos Impact stammt.

Losgekettete Seele Lord von Yama

Die Ultra Rare aus Duelist Nexus ist im Preis stetig gestiegen und verlangt euch derzeit einen unteren zweistelligen Betrag ab. 

Bei Beschwörung erhaltet ihr ein Losgekettet-Monster vom Deck oder dem Friedhof auf die Hand. Das ist schön, aber noch kein Alleinstellungsmerkmal, den Sucher hat dieses Decks vergleichsweise viele. Spannend wird es mit dem Friedhofseffekt von Losgekettete Seele Lord von Yama. Wird nämlich eine eurer Karten durch Kampf oder Karteneffekt zerstört, könnt ihr Lord von Yama vom Friedhof verbannen und einen Unterweltler von der Hand oder dem Friedhof spezialbeschwören. Anschließend könnt ihr eine eurer Karten zerstören, müsst das aber nicht tun. 

Losgekettete Scheußlichkeit

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich habe Losgekettete Scheußlichkeit immer als das Bossmonster des Decks empfunden. Vielleicht wegen des Artworks, gewiss aber vor allem wegen des Karteneffekts, der nur auf eine Sache hin ausgerichtet ist: Zerstörung.

Wird eine Karte auf dem Feld durch Karteneffekt zerstört, kann dieses Linkmonster seinerseits eine weitere Karte zerstören. Wird ein Monster durch Kampf zerstört, kann Losgekettete Scheußlichkeit – Überraschung! – eine Karte auf dem Feld zerstören. Und während jeder End Phase zerstört Losgekettete Scheußlichkeit zusätzlich noch eine Karte. Das ist brachial und hilft, das gegnerische Feld zu dezimieren, gleichzeitig aber auch, eure eigenen Combos in Gang zu bringen, denn viele Unchained-Effekte triggern erst, wenn Karten zerstört werden. 

Non-Engine Karten

Sprechen wir nun noch kurz darüber, welche non-engine Karten Jesse Kotton spielt. Auffällig ist hierbei, dass er nur sehr begrenzt Handtraps und Boardbrecher einsetzt und beides eher ins Side Deck packt.

Stoß der drei Taktiken

Die Secret Rare aus Photon Hypernova galt im Voraus als eine der revolutionärsten Zauberkarten des gesamten Spiels, da sie potenziell jede Normale Zauber- oder Fallenkarte suchbar macht. Das hat natürlich immensen Einfluss auf die Ratios dieser Karten, denn es wurde schnell Usus, Stoß der drei Taktiken dreimal zu spielen und die entsprechenden Targets nur einmal. Dadurch verfügt ihr über mehr Platz im Deck, ein willkommener Nebeneffekt. Apropos willkommen: So recht willkommen war diese Zauberkarte anfänglich nicht, eher holprig etablierte sie sich in den Decks der Turnierspieler. Nun hat sie endlich ihr Format gefunden und wer sie spielen will, muss sich überlegen, ob er sich entweder ein Playset zulegt oder lieber Essen für einen Monat kauft. 

Topf des Wohlstands

Auch Topf des Wohlstands ist beliebt wie nie. Nicht nur in Unchained, auch etwa in Branded Chimera ist der neueste Topf eine beliebte Karte. Das mag auf den ersten Blick überraschend erscheinen, benötigen beide Decks doch ihr Extra Deck, um zu funktionieren. Tatsächlich gibt es aber durchaus Szenarien, in denen der Verlust eines Teils des Extra Decks verschmerzbar ist, wenn man dafür sechs Karten tief ins Deck graben darf. 

Aktuell ist Topf des Wohlstands noch recht teuer, das wird sich aber hoffentlich ändern, wenn Anfang November die 25th Anniversary Rarity Collection erscheint und der Topf des Wohlstands dann in ganzen sieben unterschiedlichen Raritäten erhältlich sein wird – einschließlich Super Rare.

Was tun gegen Unchained?

Natürlich stellt sich die Frage, wie man gegen dieses Deck am besten vorgeht. Denn auch wenn Unchained das stärkste Deck des Formats ist, hat es natürlich auch einige Schwächen.

Marionettenmilbe

Marionettenmilbe ist in den letzten Wochen preislich absurd gestiegen. Die Common aus dem Structure Deck: Zombie Horde brachte es zeitweise auf über zwei Euro pro Exemplar, aber auch die ältere Version aus Strike of Neos ist begehrt und preislich für eine Common kein Schnäppchen. 

Ihr könnt sie auf den Friedhof abwerfen und dann die Kontrolle über einen gegnerischen Unterweltler oder Zombie übernehmen. Da nun aber die ganzen Losgekettet-Monster Unterweltler sind, habt ihr es bei Marionettenmilbe mit einem soliden Boardbrecher zu tun, aber eben auch nur gegen Unchained.

Ultimativer Schlächter 

Ein Frevel, dass Ultimativer Schlächter in der 25th Anniversary Tin: Dueling Heroes keinen Reprint erhalten hat, denn die Karte scheint endlich ihr Format gefunden zu haben. Gegen Unchained ist sie aber auch einfach eine solide Wahl. 

Auf die Secret Rare aus Power of the Duelists kann der Gegner nicht mit Monstereffekten reagieren, was Unchained schon mal ein wenig ausbremst, denn das Deck dreht sich weitgehend um Monstereffekte. 

Ihr müsst einfach nur eines eurer Extra Deck Monster auf den Friedhof legen, dann ein gegnerisches Monster desselben Kartentyps (in Unchained also Link oder Xyz) wählen und dieses zurück ins Deck mischen. Was sind nun aber geeignete Monster, um sie von eurem Extra Deck auf den Friedhof zu schicken? Bei Fusionen fällt das nicht schwer, da ist Ältestes Wesen N‘tss die übliche Wahl.

Wollt ihr hingegen gegen Xyz-Monster vorgehen, rate ich zu Mereologischer Sammler. Wird der nämlich auf den Friedhof gelegt, annulliert er die Effekte einer offenen Karte auf dem Spielfeld bis zum Ende des Zuges.

Gegen den Link-Anteil in Unchained empfiehlt sich Ärger-Sunny des Evil Zwillings.

Sie könnt ihr vom Friedhof verbannen und müsst dann lediglich noch ein anderes Evil Zwilling Monster von der Hand, dem Feld oder dem Deck auf den Friedhof legen, um eine Karte auf dem Feld ebenfalls auf den Friedhof zu legen. Hier ist die Wortwahl entscheidend, denn „auf den Friedhof“ legen bedeutet nicht „zerstören“. Die Effekte von Unchained triggern in diesem Fall also nicht. Als zweites notwendiges Monster rate ich euch zu Evil Zwilling Ki-sikil und Lil-la, denn die könnt ihr vom Friedhof spezialbeschwören und dann muss der Gegner alle Karten von seiner Spielfeldseite auf den Friedhof legen außer 2. 

Herold des Abgrunds

Über Stoß der drei Taktiken haben wir ja bereits gesprochen, Herold des Abgrunds ist nur ein weiteres Beispiel für ein sinnvolles Ziel für den Sucheffekt des Stoßes. Mit ihr könnt ihr ein gegnerisches Monster auf den Friedhof legen und der Gegner kann für die Dauer des Spielzuges die Effekte des besagten Monsters nicht aktivieren. Das ist gegen Unchained aus denselben Gründen wie bei Ärger-Sunny des Evil Zwillings gut, denn auch hier sendet ihr und zerstört eben nicht. Durch die Annullierung der Effekte könnt ihr so auch D/D/D-Wellenhochkönig Caesar loswerden, ohne dessen lästigen Sucheffekt auszulösen. 

Abschlussüberlegungen

Dass Unchained eines der besten Decks des Formats ist, haben die letzten großen Turniere eindrucksvoll bewiesen. Dennoch ist es nicht überraschend, dass das Deckthema auf der letzten Banlist nicht angefasst worden ist. Zum einen hat diese Banlist die eigentlichen Probleme sowieso nicht erkannt (Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel) und zum anderen ist Losgekettet als Deckthema zwar nicht neu, im kompetitiven Bereich aber gerade erst erstarkt, sodass ein Banlist-Hit völlig unangemessen wäre. Nicht, dass Konami in der jüngsten Vergangenheit nicht gezeigt hätte, dass neue Decks genauso betroffen sein können. Aber was wir da bei Superstarker Samurai erlebt haben, sollte doch die Ausnahme bleiben, wenn man die Kunden nicht komplett vergraulen möchte. 

Ich selbst spiele Unchained zwar nicht, mag das Deck aber sehr: Es ist stark, interaktiv und dennoch nicht unfair. Es arbeitet ohne Locks oder Floodgates und lässt den Gegner mitspielen. Das macht Unchained zum Inbegriff dessen, was kompetitives Yu-Gi-Oh! sein sollte: Eben ein Spiel für zwei Personen mit abwechslungsreichen Möglichkeiten und cleveren Combos und kein gegenseitiges Bewerfen mit Handtraps, aus dem derjenige als Sieger hervorgeht, der den Gegner am wenigsten mitspielen lässt.

Das Format dürfte gerne noch lange so ausgewogen bleiben, wenn da nicht schon Age of Overlord vor der Tür stände…

Euer

Hyozan

Über Hyozan

Yu-Gi-Oh!-Veteran der ersten Stunde

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