Yugioh – Die Entwicklung des Metas: Teil 2 – Hand Control

Wir verlassen heute die rohen und holprigen Anfänge des Yu-Gi-Oh! Kartenspiels und gehen einen Schritt weiter auf unserer Reise durch verschiedene Meta-Typen. 

Das Beatdown-Deck, um das es in meinem letzten Artikel ging, wurde 2003 abgelöst, als ein neuer Decktyp auftauchte, der vielversprechender und eleganter war und erstmals wirklich starke Monsterkarteneffekte mit einbezog. Die Rede ist von einer ersten und sehr potenten Form des Hand Control Decks, wie sie heute aufgrund der vielen verbotenen Karten undenkbar wäre, die 2003 aber für einigen Wirbel gesorgt hat. 

Die immense Stärke dieses Decks liegt darin, dem Gegner durch Verlust der Handkarten die Optionen zu nehmen und ihn in die Enge zu treiben. Während es heute durchaus von Vorteil sein kann, wenn sich Karten im Friedhof befinden und Karten wie Törichtes Begräbnis zu recht limitiert sind, war eine Karte im Jahr 2003 in der Regel verloren, sobald sie auf den Friedhof wanderte. 

Der legendäre Yata-Lock

Das Hand Control Deck erklomm im Sommer 2003 die Spitze aller Decks, als mit dem neuen Set Legacy of Darkness eine ganz bestimmte Karte erschien: Yata-Garasu. Diese Karte ist seit Ewigkeiten verboten und wird wohl so schnell auch nicht mehr Freiheit schnuppern, denn sie ist einfach zu mächtig: Wenn diese Karte dem Gegner Kampfschaden zufügt, muss dieser seine nächste Draw Phase überspringen. Die Spieler jener Zeit realisierten schnell, wie unglaublich mächtig diese Karte sein konnte und verstanden es, sie vernichtend einzusetzen. Diese Entdeckung ging als der gefürchtete Yata-Lock in die Geschichte des Spiels ein und ist der Grund, warum ein Monster mit mickrigen 200 ATK seit vielen Jahren verboten ist und es wohl auch bleiben wird. Wenn der Gegner nämlich weder über Karten auf dem Feld, noch über Karten in der Hand verfügt und dann auch noch Yata-Garasus Effekt zum Opfer fällt, hat er keine Möglichkeiten weitere Angriffe des kleinen Geistervogels zu verhindern und sieht so machtlos dem Schwinden seiner Lebenspunkte zu. 

Mächtige Helfer 

Nun ist es heute recht schwer, die passenden Voraussetzungen zu erfüllen, doch auch 2003 war das nicht ganz einfach. Raigeki oder Schwarzes Loch sorgten für ein freies Spielfeld, die Hand des Gegners leer zu bekommen, war da schon schwieriger. Gott sei Dank finden sich im Set Spell Ruler, von denen wir sogar noch Booster auf Lager haben, drei Karten, die hier absolut hilfreich sind:

Es handelt sich um Verbrecher-Duo, Beschlagnahme und Starker Wachposten. Alle drei sind recht schnell limitiert worden und seit geraumer Zeit verboten, für den Yata-Lock waren sie aber eine dankbare Unterstützung. In den meisten Hand Control Decks fand sich darüber hinaus mindestens ein Magier des Glaubens, um eine der drei Karten zurück auf die Hand zu holen. Fast zeitgleich zu Yata-Garasu erschienen im Pharaonic Guardian Set die Monsterkarten Geister-Sensenmann und Don Zaloog.

Beide können gegnerische Handkarten auf den Friedhof befördern und unterstützen so euer Vorhaben, dem Gegner mit dem Yata-Lock den Rest zu geben. Hinzu kommt die Fallenkarte Fallen lassen, die den Gegner zwingt, die in der Draw Phase gezogene Karte direkt auf den Friedhof zu legen. All diese Karten zusammen genommen hatten das Potenzial, die nötigen Voraussetzungen für Yata-Garasu zu schaffen, weshalb die Meta-Decks im Sommer 2003 alle recht ähnlich aussahen. 

Feldkontrolle – das A und O

Wie die meisten Strategien damals benötigte auch das Hand Control Deck vor allem eines: Zeit. Und die verschafften sich die Spieler über Karten wie Mystische Tomate, die das Feld und damit die Lebenspunkte sicherte, als auch über Karten, die die gegnerische Strategie blockierten, wozu hier auch der zu dieser Zeit sehr populäre Jinzo zählt. Doch man wollte mehr, nicht nur in puncto Monsterkarten wollte man die Nase vorn haben, auch die Zauber- und Fallenkartenzonen rückten immer mehr in den Fokus. Es war zu dieser Zeit, als die Zauberkarte Mystischer Raum-Taifun immer häufiger in Hand Control Decks auftauchte und das dann meistens direkt in zwei- oder dreifacher Ausführung. Zusammen mit Harpyien-Flederwisch und der bereits länger etablierten Karte Schwerer Sturm versuchten die ersten Duellanten so, mächtigen Fallen wie Ring der Zerstörung (bei dem es sich übrigens auch um eine Errata-Karte handelt), Reißender Tribut und Spiegelkraft zu entkommen.

Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass sich dieser Decktyp auch auf den ersten großen Turnieren durchsetzen konnte und Ng Yu Leung, der Weltmeister aus dem Jahr 2003, sich seinen Titel eben mit solch einem Deck erkämpfte, das ich euch nun natürlich nicht vorenthalten möchte:

Monsterkarten (16x)Zauberkarten (18x)Fallenkarten (7x)Side Deck (15x)
3x Elfenzwillinge
1x Jinzo
3x Mystische Tomate
2x Don Zaloog
1x Kycoo, Geistzerstörer
1x Hexe vom Schwarzen Wald
1x Sangan
1x Gewebekrug
1x Yata-Garasu
1x Unheil verkündende Schlange
1x Magier des Glaubens
1x Raigeki
1x Schwarzes Loch
1x Überläufer
1x Schnappstahl
1x Topf der Gier
1x Elegante Wohltäterin
1x Albtraum-Trugbild
1x Verbrecher-Duo
1x Starker Wachposten
1x Beschlagnahme
1x Wiedergeburt
1x Voreiliges Begräbnis
3x Mystischer Raum-Taifun
1x Harpyien-Flederwisch
1x Schwerer Sturm
1x Adliger der Auslöschung
1x Kaiserlicher Befehl
1x Ruf der Gejagten
1x Spiegelkraft
1x Ring der Zerstörung
3x Fallen lassen
3x Reißender Tribut
3x Buch des Mondes
1x Qual der Wahl
1x Sündenbock
3x Elektrische Schlange
1x Truppen im Exil
1x Kycoo, Geistzerstörter
1x Weißer Zauberhut
1x Parshath, der Luftritter

Zunächst wirkt dieses Deck wenig überraschend, habe ich doch oben lang und breit erklärt, worin die Strategie des Hand Control Decks besteht. Insofern ist die Strategie hier rasch ersichtlich und schlicht. Was dieses Deck dennoch auszeichnet und womit sich Ng Yu Leung schließlich gegen seine Kontrahenten durchsetzen konnte, ist die einfache Tatsache, dass er einige Karten in zwei- oder dreifacher Ausführung spielt. Während wir heute die wichtigsten Karten ganz selbstverständlich dreimal im Deck haben, war das 2003 eher die Ausnahme. Man versuchte, gerade im Side Deck, möglichst viele potenzielle Strategien des Gegners vorauszusehen und entsprechend breit gefächert gegenzuwirken. Leung, auf der anderen Seite, setzt im Side Deck vor allem auf drei Karten: Reißender Tribut, um eine mögliche Beatdown-Übermacht des Gegners zu verhindern, Buch des Mondes, um die Aktivierung gegnerischer Monstereffekte zu verhindern (und besagte Monster dann am besten ganz bequem mit Adliger der Auslöschung aus dem Spiel zu entfernen) und Elektrische Schlange, falls er es in einem Mirror Match ebenfalls mit einem Hand Control Deck zu tun bekommt, was letztlich auch der Fall gewesen ist.

Ausblick

2003 erlebte das Hand Control Deck einen rasanten Aufstieg und dominierte als erstes echtes Meta-Deck das Spiel während der zweiten Hälfte des Jahres. Dieser Triumph währte jedoch nicht allzu lange, denn schon bald würde das Hand Control Deck durch ein neues, weitaus flexibleres und weitaus mächtigeres Deck abgelöst werden: Chaos.

Das aufkommende Chaos-Deck bediente sich vieler Strategien aus dem Hand Control Deck und behielt sogar den Yata-Lock in einer deutlich potenteren Form bei. Dass Chaos dennoch Hand Control gnadenlos überrannte, lag vor allem an ein paar neuen Karten, die in der ersten Booster-Serie des Jahres 2004 erschienen: Invasion of Chaos. Dieses Set nahm sich sehr wörtlich.

Schaut also wieder vorbei, wenn wir uns dem Deck widmen, das erstmals das völlige Verbot einiger Karten notwendig machte.

Euer Hyozan

Über Hyozan

Yu-Gi-Oh!-Veteran der ersten Stunde

3 Replies to “Yugioh – Die Entwicklung des Metas: Teil 2 – Hand Control”

  1. Hyozan

    Hier liegt wohl ein Missverständnis vor: Dieser Artikel ist nicht Teil unseres Adventskalenders, sondern einfach ein regulärer Blog-Artikel meiner Reihe „Die Entwicklung des Metas“. Aber auch ohne Gewinnspiel lesenswert, hoffe ich 😉

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert