Immer wieder lässt sich beobachten, dass ein längst bekanntes, dabei aber eher unscheinbares Thema durch neuen Support erstarkt, auf einmal plötzlich aus dem Schatten tritt und Gegnern auf Turnieren gut einheizt. Meistens vollzieht sich dieser Wandel so rasch, dass sich kaum mehr sagen lässt, wann der eigentliche Erfolg einsetzte. Das ist dieses Mal anders, denn auf der LCS XII tauchte ein Deck auf, das zwar bereits im Vormonat dort vertreten war, jetzt aber erstmals wirklich Aufmerksamkeit auf sich zieht. Die Rede ist natürlich von den Streichbuben, die sich auf besagtem Turnier als wirklich ernstzunehmender Gegner durchgesetzt haben und letztendlich den vierten Platz für sich sichern konnten.
Das Deckthema
Die Streichbuben sind noch relativ neu, denn sie debütierten erst im November 2018 im Hidden Summoners Set. Zunächst eher unscheinbar, nutzten die Streichbuben die vergangenen Jahre, um weiteren Support zu sammeln und so zu einem Deck zu avancieren, das 2021 durchaus mithalten kann.
Die schelmischen Gesellen setzen dabei vor allem auf Beschwörungen aus dem Extra Deck, genauer: auf Fusions- und Linkbeschwörungen ihrer archetypeeigenen Monster. Die Streichbuben des Main Decks verfügen außerdem über Effekte, die sich aktivieren, wenn sie als Material für eine archetypeeigene Link- oder Fusionsbeschwörung genutzt werden. Das ist besonders wichtig, denn gerade Fusionsbeschwörungen sind wahnsinnig ressourcenintensiv und sperrig. Zusätzlich können die „kleinen“ Streichbuben sich gegenseitig aus dem Deck oder von der Hand beschwören, sodass ihr in puncto Feldpräsenz eigentlich nie Probleme haben dürftet.
Das Deck
Das Deck, das ich euch heute vorstellen möchte, stammt von Julien Schaeffer und belegte auf der LCS XII einen soliden vierten Platz (Platz 1 ging, oh Wunder, an Dragon Link, Platz 2 erkämpfte sich Altergeist). Generell waren die Streichbuben aber mit 6 Decks in den Top 16 vertreten und traten einmal auch in Kombination mit Eldlich auf, sonst aber als reine Streichbuben-Variante.
Schaeffer trat übrigens bereits auf der LCS XI mit seinen Streichbuben an und schaffte es dort mit einer ähnlichen Variante des Decks in die Top 8.
Monsterkarten (19) | Zauberkarten (15) | Fallenkarten (6) | Extra Deck (15) | Side Deck (15) |
3 Streichbuben Luftis 3 Streichbuben Flammis 3 Streichbuben Tropfis 2 Streichbuben Steinis 3 Aschenblüte & Freudiger Frühling 3 PSI-Hüllenpanzer Gamma 1 PSI-Hüllentreiber 1 Dinowrestler Pankratops | 3 Streichbuben-Zuhause 3 Streichbuben-Pandämonium 2 Streichbuben-Streiche 3 Talent der drei Taktiken 3 Topf der Begierden 1 Instantfusion | 3 Unendliche Unbeständigkeit 3 Gefängnis des Eisdrachen | 1 Streichbuben Kampfkobold 1 Streichbuben Raketenritt 1 Streichbuben Wetterwäscher 1 Streichbuben Reiß-Röhr-Röster 2 Streichbuben Kikeriki-Krähen 1 Streichbuben Wau-Wau-Gebell 3 Streichbuben Miau-Miau-Mu 1 Zugangskodier-Sprecher 1 Albtraumritter Einhorn 1 Albtraumritter Phönix 1 Göttliches Arsenal AA-ZEUS – Himmelsdonner 1 Krötellig Umwerfend | 3 Nibiru, das Urwesen 3 Schädelmeister 3 PSI-Löschlaser 2 Kosmoszyklon 1 Harpyien-Flederwisch 3 Zwillings-Twister |
Die Streichbuben
Luftis, Flammis, Tropfis und Steinis bevölkern das Deck und machen den Großteil des Maindecks aus. Der Rest besteht aus generischen Handtraps.
Im Grunde lassen sich die vier Streichbuben gut zusammenfassen, denn ihre Effekte sind weitgehend gleich. Sie alle aktivieren ihre Effekte, wenn sie im Zuge einer Fusions- oder Linkbeschwörung auf den Friedhof gelegt werden. Flammis fügt dann dem Gegner 500 Schaden zu, Tropfis schenkt euch 1000 LP. Luftis lässt euch einen Streichbuben vom Deck auf den Friedhof legen und Steinis lässt euch eine Karte ziehen, allerdings müsst ihr dafür eine Handkarte verbannen. Diese Effekte nun machen noch kein wettbewerbstaugliches Deck, die wahre Stärke der Streichbuben liegt in ihrem weiteren Effekt, den sie sich alle teilen: sie suchen einen ihrer anderen Mitstreiter aus dem Deck und lassen euch diesen direkt beschwören. Theoretisch funktioniert dieser Effekt auch für Streichbuben, die ihr bereits auf der Hand habt, üblicherweise ist aber die Wahl eines Deckmonsters die bessere Option.
Streichbuben-Streiche
Mit ihr könnt ihr eine Spielmarke beschwören, indem ihr eine Streichbuben-Karte abwerft. Achtung: Dadurch aktivieren sich die Effekte von Luftis, Flammis, Steinis und Tropfis nicht, denn der funktioniert nur, wenn sie im Zuge einer Link- oder Fusionsbeschwörung abgeworfen werden.
Spannender ist der zweite Effekt: Der erlaubt es euch, während der End Phase drei Streichbuben-Karten vom Friedhof ins Deck zu mischen und dann eine Karte zu ziehen. Hilfreich, da eure Streichbuben im Friedhof kaum von Nutzen sind, aber auch nicht gut genug, um diese Karte dreimal zu spielen.
Streichbuben-Zuhause
Die Secret Rare aus Hidden Summoners gehört zu den teureren Karten des Themas. Als Spielfeldzauberkarte ist sie für das Deck aber unerlässlich, ihr solltet sie also zwei- oder dreimal spielen. Bei Aktivierung sucht sie euch einen Streichbuben aus dem Deck. Wenn ihr ein Streichbuben-Fusionsmonster beschwört, erhalten alle eure Monster 500 ATK, beschwört ihr ein entsprechendes Linkmonster, verlieren alle gegnerischen Monster 500 ATK. Beide Effekte funktionieren nur einmal pro Spielzug.
Streichbuben-Pandämonium
Kein Fusionsdeck ohne Fusionszauberkarte. Hier übernimmt das die Schnellzauberkarte Streichbuben-Pandämonium. Streichbuben sind unter anderem so stark, weil ihr diese Beschwörung auch im gegnerischen Zug durchführen könnt, was dann natürlich die Effekte eurer Main Deck Streichbuben triggert. Für den Rest des Spielzuges könnt ihr dann nur noch Streichbuben normal- oder spezialbeschwören, was in diesem Deck aber kein großes Problem darstellt, selbst wenn ihr Streichbuben-Pandämonium im eigenen Spielzug aktiviert.
Wie unschwer zu erkennen ist, baut das Thema auf Beschwörungen aus dem Extra Deck. Zeit also, dass wir einen Blick auf die relevanten Karten dort werfen, denn auch diese sind mannigfaltig.
Streichbuben Kampfkobold, Streichbuben Wetterwäscher und Streichbuben Raketenritt
Kampfkobolds Schnelleffekt erlaubt es euch, ihn zu opfern, um alle Monster auf der gegnerischen Spielfeldseite zu zerstören. Wird Kampfkobold stattdessen durch den Gegner zerstört, könnt ihr einen Streichbuben, der keine Fusion ist, vom Friedhof spezialbeschwören.
Wetterwäscher kann sogar zwei Nicht-Fusionen vom Friedhof beschwören, muss sich dafür aber selber als Tribut entrichten. Die so beschworenen Monster können dann nicht durch Kampf zerstört werden, was den Gegner natürlich vor allem dann ungemein hemmt, wenn ihr Wetterwäscher mithilfe von Streichbuben-Pandämonium in der gegnerischen Battle Phase beschwört und dann auch direkt aktiviert. Aber auch im eigenen Spielzug ist Wetterwäscher hilfreich, denn sie verhindert, dass der Gegner während eures Angriffs Karten oder Effekte aktiviert.
Streichbuben Raketenritt fällt etwas hinter den beiden anderen zurück. Er kann zwar direkt angreifen (hat dann aber nur 1000 ATK), verfügt aber über keinen Schnelleffekt, der eine Beschwörung im gegnerischen Spielzug lohnenswert machen würde. Im eigenen Zug könnt ihr ihn als Tribut entrichten, um dann ebenfalls zwei Streichbuben vom Friedhof zu beschwören. Die beiden können dann zwar nicht angreifen, aber dienen als Material für Link- oder Fusionsbeschwörungen.
Streichbuben Reiß-Röhr-Röster, Streichbuben Wau-Wau-Gebell, Streichbuben Kikeriki-Krähen und Streichbuben Miau-Miau-Mu
Streichbuben Reiß-Röhr-Röster benötigt als Link-4 Monster mindestens zwei Streichbuben als Material und funktioniert dann ganz ähnlich wie die oben erwähnten Fusionen. Ihr könnt ihn im eigenen oder gegnerischen Spielzug als Tribut anbieten, um alle gegnerischen Zauber- und Fallenkarten zu zerstören. Wird Reiß-Röhr-Röster hingegen durch den Gegner zerstört, könnt ihr einen Streichbuben vom Friedhof zurück auf die Hand nehmen. Dasselbe kann im Grunde auch Wau-Wau-Gebell, nur dass er euch gleich zwei Monster zurück auf die Hand holen lässt und eure Monster dann vor einer Zerstörung durch gegnerischen Effekten schützt.
Kikeriki-Krähen lässt euch bei Beschwörung eine Streichbuben Zauber- oder Fallenkarte suchen. Opfert ihr Kikeriki-Krähen, könnt ihr zwei Streichbuben-Karten vom Friedhof zurück auf die Hand nehmen, also nicht nur Monster wie bei den bisherigen Effekten.
Zuletzt ist da noch Miau-Miau-Mu, die als Link-1 Monster nur ein Material benötigt. Oben habe ich erwähnt, dass euch die Streichbuben im Friedhof nicht viel nützen (außer natürlich, ihr recycelt sie von dort). Das trifft nicht auf Miau-Miau-Mu zu: sie könnt ihr vom Friedhof verbannen und verhindert somit, dass ihr eure Fusionen oder Linkmonster für deren Effekt opfern muss. Das funktioniert nur, wenn sich das entsprechende Monster im gegnerischen Spielzug selbst als Tribut entrichtet, üblicherweise wird das aber in diesem Deck der Fall sein, denn ihr wollt den Gegner ja stören, wo ihr nur könnt.
Das Side Deck
Das Side Deck hält eigentlich wenige Überraschungen bereit und folgt weitgehend dem Geist der Zeit. Hier finden wir haufenweise Backrow-Removal (Zwillings-Twister, Harpyien-Flederwisch, Kosmoszyklon), Negates für den gegnerischen Friedhof (Schädelmeister) und Boardbreaker (Nibiru, das Urwesen).
Eine interessante Wahl ist allerdings PSI-Löschlaser. Mit dieser Super Rare aus Blazing Vortex könnt ihr ein gegnerisches Monster, das aus dem Extra Deck beschworen wurde, auf den Friedhof legen. Im Gegenzug bekommt der Gegner dann Lebenspunkte in Höhe der ATK oder DEF des zerstörten Monsters, je nachdem, was von beidem höher war. Zwar erhält der Gegner so ordentlich Lebenspunkte, gleichzeitig lässt sich so nahezu jedes Monster entsorgen, was in Zeiten von Rotäugiger Dunkler Dragoner durchaus nützlich sein kann.
Auffällig ist, dass Julien Schaeffer in seinem Side Deck stark auf das Zerstören von Zauber- und Fallenkarten setzte, obwohl er diesbezüglich auch im Main Deck schon recht gut aufgestellt war, etwa durch Albtraumritter Phönix oder Streichbuben Reiß-Röhr-Röster. Auf effektannullierende Karten wie Verbotener Tropfen aus Rise of the Duelist oder Kein Dunkler Herrscher mehr, die ihr in der Gold Sarcophagus Mega Tin und im Structure Deck: Spirit Charmers findet, verzichtete er überraschenderweise ganz.
Streichbuben sind aktuell in aller Munde und entfalten mittlerweile, 2 ½ Jahren nach ihrem Release, endlich ihr volles Potenzial. Die besondere Stärke dieses Decks liegt vor allem darin, während des gegnerischen Spielzugs umfangreich agieren zu können. Das liegt zunächst einfach in der Natur des Themas, lässt sich aber natürlich durch entsprechende Handtraps oder Fallen weiter ausbauen.
In diesem Zusammenhang ist auch Göttliches Arsenal AA-ZEUS – Himmelsdonner eine nachvollziehbare Wahl, auch wenn diese Karte in Xyz-lastigeren Extra Decks wie Zoodiak eigentlich besser aufgehoben ist. Insgesamt dürfen wir von den Streichbuben gewiss noch einiges erwarten – dass sie schon jetzt zu den aktuellen Meta-Decks zählen, steht aber außer Frage.
Euer Hyozan