Yugioh – Der blauäugige weiße Drache: Weg einer Ikone

Es ist Sommer 2002. Gemeinsam mit meinem besten Freund sitze ich, 13 Jahre jung, auf dem Spielplatz. Andere Kinder um uns herum kicken oder spielen Räuber und Gendarme. Das alles interessiert uns nicht, denn wir haben gerade das Yu-Gi-Oh! Sammelkartenspiel entdeckt und sitzen mit unseren brandneuen Starterdecks auf dem warmen Boden. Wir haben unser Taschengeld zusammengekratzt und öffnen nun, fast ehrfurchtsvoll, die Verpackung. Wir wissen noch nicht genau, was uns erwartet, doch eines ist uns klar: die oberste Karte dieses Yugioh Decks, wie sie in der Sommersonne glitzert, die ist etwas ganz besonderes..

Die Anfänge

Ich habe mich für das Deck Yugis entschieden, schließlich ist er der Held der Serie, die mein bester Freund und ich seit einiger Zeit verschlingen. Nachdem ich meiner neuen Errungenschaft ausreichend Tribut gezollt habe, schiele ich neugierig zu meinem Freund herüber. Er hat sich für das Starterdeck Kaiba entschieden. „Blauäugiger w. Drache“ steht da in goldenen Lettern auf der ersten Karte. Ich verspüre einen kleinen Stich der Eifersucht, als ich bemerke, dass die Werte seines Drachens meinen neuen Liebling, den „Dunklen Magier“, in den Schatten stellen.

Sehr holprig, das Regelbuch stets griffbereit, starten wir also unser erstes Duell auf den beigelegten Spielplänen. Mein Herz schlägt schneller, als ich in der dritten Runde meine Lieblingskarte „Dunkler Magier“ ziehe und ihn einfach aufs Feld rufe – Tributbeschwörungen finden wir doof, das gibt es in der Serie schließlich auch nicht. Meine Freude hält nur kurz, denn schon im nächsten Zug sehe ich mich dem Blauäugigen weißen Drache gegenüber, der letztendlich auch das Duell für sich entscheidet.

Ja, liebe Freunde des gepflegten Yu-Gi-Oh! und Nostalgiker: So sah vor nunmehr 17 Jahren meine erste Begegnung mit dieser ikonischen Monsterkarte aus. Für uns gehört er zu den ersten Karten überhaupt, seit er im Jahr 2002 das Yu-Gi-Oh! Kartenspiel auf dem deutschen Markt eröffnete und er verschwand nach seinem großen Auftritt im Starter Deck Kaiba recht schnell wieder von der Bildfläche: Die Spieler bemerkten rasch, dass ein effektloses Monster, das zudem zwei Tribute erforderte (mittlerweile hatte auch ich mich mit der Tributbeschwörung angefreundet), nicht wirklich hilfreich war und setzten zunehmend auf Effektmonster, obgleich viele davon niedrigere Werte aufwiesen.

Der Zenit

Über 10 Jahre war Kaibas Hauptmonster nun höchstens in Sammelordnern zu finden. Die älteren Spieler dachten vielleicht nostalgisch an die Zeiten zurück, in denen sie voller Stolz ihren weißen Drachen aufs Spielfeld riefen und den Gegner dadurch in Angst versetzten (sofern dieser nicht eine verdeckte Fallgrube aktivierte), doch abgesehen davon geriet der Blauäugige w. Drache – bis heute übrigens das stärkste normale Monster – in Vergessenheit. Zu diesem Zeitpunkt hätte wohl niemand erwartet, dass wir ihn noch einmal im Metaspiel sehen werden. Nun, was das angeht, haben wir uns wohl alle getäuscht, denn tatsächlich erlebte das ikonische Monster der ersten Stunde im Jahr 2016 seine Rennaissance, als das Blauäugig-Thema mit Erscheinen des Boosters „Shining Victories“ reichlich Support erhielt. Neben weiteren Monstern war es nun auch problemlos möglich, in jeder Runde mehrere weiße Drachen zu rufen und so dem Gegner ordentlich Druck zu machen. Auf der Weltmeisterschaft 2016 waren die weißen Drachen derart populär, dass es im Finale sogar zu einem Mirror Match kam, das Shunsuke Hiyama schließlich für sich entschied. Den Artikel dazu findet ihr hier.

Blauäugiger alternativer weißer Drache

Noch im Oktober erschienen in der Legendary Decks II Box haufenweise Reprints des beliebten Themas, sodass das Deck nun auch den Spielern zur Verfügung stand, die nicht so viel Geld für die Karten ausgeben konnten oder wollten. Teuer blieb nur der „Blauäugige alternative weiße Drache“ und ist es bis heute: Er ist bisher nur im The Dark Side of Dimensions Movie Pack erschienen und hat noch keinen Reprint erhalten. Ganz nebenbei: Wieso reicht der Platz für „Blauäugiger alternativer weißer Drache“ im Kartennamen aus, während „Blauäugiger w. Drache“ abgekürzt wird?

Apropos The Dark Side of Dimensions: Kaibas weiße Drachen geben im Anime stets eine gute Figur ab, das haben wir in der ersten Staffel mehrmals erlebt. Nun bekommen wir in diesem Kinofilm nicht nur den klassischen Weißen präsentiert, sondern lernen mit dem Blauäugigen alternativen weißen Drache und dem Chaos-MAX-Drache gleich zwei neue Karten des Blauäugig-Themas kennen, die bis heute ernstzunehmende Gegner sind. Solltet ihr den Film also noch nicht kennen und ein Fan von Kaibas Hauptmonster sein, sei euch dieser Film hiermit wärmstens empfohlen.

Aber nun zurück, denn 2016 scheint das Deck rund um den Drachen der ersten Stunde auf seinem Höhepunkt zu sein. Überall wird es gespielt, die Variationen sind wenig vielfältig. Neben der „klassischen“ Variante, wie wir sie auch bei der Weltmeisterschaft kennen gelernt haben, etabliert sich nun nach und nach aber eine zweite: Der Blauäugige Chaos-MAX-Drache bietet eine erfrischende Alternative zum regulären Blauäugig-Deck, das zugegebenermaßen irgendwann langweilig wurde. Dieses Ritualmonster mit satten 4000 Angriffspunkten fügt sich nahezu ideal in das Thema ein: Es kann mit „Melodie des erwachenden Drachen“ aus dem Deck gesucht und mit „Fortgeschrittene Ritualkunst“ beschworen werden, die, nebenbei, auch noch einen weißen Drachen vom Deck auf den Friedhof befördert. Wem das nicht reicht, der kann zusätzlich mit „Manju der zehntausend Hände“ für Geschwindigkeit sorgen. Dieser kleine Kerl wiederum bietet ein hervorragendes Ziel für „Weiser mit den blauen Augen“, um vor der großen Ritualbeschwörung das Feld von unliebsamen Zauber-, Fallen- oder Monstereffekten zu befreien. Ist die Beschwörung dann erfolgreich, wird man mit einem starken Monster, das weder als Ziel für Effekte gewählt, noch durch diese zerstört werden kann, belohnt. Ganz nebenbei fügt der Große dann auch noch doppelten durchschlagenden Kampfschaden zu und entscheidet dadurch das Spiel nicht selten sehr schnell für sich.

Der Fall

Blauäugiger Chaos-MAX-Drache

Nun ist Yu-Gi-Oh! ein sehr schnelllebiges Spiel. Während in den frühen Jahren Karten noch rundenlang auf dem Feld lagen und teilweise unüberwindbar waren, sind wir heute froh, wenn eine Beschwörung erfolgreich verläuft. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass das Blauäugig-Deck in der klassischen Form heute kaum mehr einen ernstzunehmenden Gegner darstellt. Auch die Version mit Chaos-MAX-Drache kann sich nur schwer gegen das aktuelle Meta behaupten, obgleich das Deck meiner bescheidenen Meinung nach einen enorm hohen Spielspaß mitbringt.

Auch wenn das Thema bisher – und vermutlich auch in Zukunft – keine großen Einbußen durch die Banlist erhalten hat, wurde es nach und nach von anderen Decks abgelöst und der „Blauäugige w. Drache“ droht wieder in der Versenkung zu verschwinden. Doch halt, in den Sets Cybernetic Horizon und Legendary Duelists: White Dragon Abyss erhält der Blauäugige weiße Drache einmal mehr interessanten Support. In Cybernetic Horizon wird dafür das Mantrawichtel-Thema eingeführt. Diese kleinen Kerlchen erleichtern eine Ritualbeschwörung ungemein und bieten so dem Blauäugigen Chaos-MAX-Drache eine solide Basis. Dieser wiederum erhält Gesellschaft durch den Blauäugigen Chaosdrachen. Wie dieses Deck konkret aussehen kann und wie es sich spielt, erfahrt ihr in meinem nächsten Artikel, also bleibt dabei!

Blauäugiger Chaosdrache

Für den Moment hoffe ich, dass euch mein kleiner Ausflug durch die Geschichte gefallen hat. Erzählt gerne in den Kommentaren von euren (ersten) Begegnungen mit dem Blauäugigen weißen Drachen. Falls ihr Lust auf dieses Themendeck bekommen habt, das ich übrigens sehr mag und aktuell auch immer noch spiele, dann findet ihr in unserem Shop den nötigen Support – nicht zuletzt in der neuen Duel Power Box!

Euer Hyozan

Über Hyozan

Yu-Gi-Oh!-Veteran der ersten Stunde

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