Yugioh – Wieso der 25. Geburtstag nur beinahe ein Grund zum Feiern ist

Als ich 2002 mit Yu-Gi-Oh! begonnen habe, hätten wir uns niemals träumen lassen, dass das Spiel auch 20 Jahre später noch bestehen würde. Heute nun ist Yu-Gi-Oh! groß wie nie: Gerade erst haben wir die größte YCS aller Zeiten mit 3600 Teilnehmern in London hinter uns gebracht, die letztjährige deutsche Meisterschaft war die größte in Europa und die Spieler sind vernetzt wie nie zuvor: Datenbanken, Yugituber und Blogs liefern regelmäßig neuen Content und halten uns auf dem Laufenden in unserem geliebten TCG. Zeit also, das zu feiern.

Glitzernde Pappe, die fasziniert

Vermutlich sind die meisten von uns über den Anime zum TCG gekommen. Ich für meinen Teil bin mit dem Königreich der Duellanten aufgewachsen und war fasziniert von diesem Spiel, in dem Monster gegeneinander kämpfen, man Fallen stellen und Zauber wirken kann. Dass die Regeln der ersten Anime-Staffel wild und unlogisch sind, das hat mich als Kind nicht gestört und als dann das TCG mit echten Karten auf den Markt kam, da war ich natürlich sofort Feuer und Flamme.

Begonnen haben wir mit ein paar Structure Decks und dem ersten Booster: Legend of Blue Eyes white Dragon. Die Strategie der ersten Duelle ist schnell erklärt: Beatdown. Spezialbeschwörungen gab es nicht, Effekte waren eher unspektakulär, also blieb nur draufdreschen, was das Zeug hält. Gelang es nicht, ein gegnerisches Monster zu besiegen, konnte man davon ausgehen, dass besagtes Monster im nächsten Zug für ein stärkeres geopfert wurde, das dann schwer zu überwinden war. Unnötig zu sagen, dass die Duelle langsam, schwerfällig und wenig elegant waren. Und trotzdem gibt es auch über 20 Jahre später noch Nostalgiker, die ebendieser Zeit hinterhertrauern. Verständlicherweise, denn diese Art des Spiels ist einfach emotional sehr aufgeladen.  

Rasch gewann das TCG an Volumen, indem neue Booster erschienen, die schlussendlich den Weg weg vom puren Beatdown führten. Starke Monster blieben aber noch lange elementarer Bestandteil des Spiels, was heute ja quasi keine Aussagekraft mehr hat, wenn man beispielsweise auf den Haufen an Stufe 2 Monstern blickt, den Spright nutzt.

Eine erste große Zäsur erlebten wir durch Release des Invasion of Chaos Boosters. Ab da regierte das Chaos-Format, das schlussendlich der Wendepunkt im Spiel war. Mit Chaos-Imperatordrache – Gesandter des Endes und Schwarz Glänzender Soldat – Gesandter des Anfangs kamen zwei Monster ins TCG, die über einfache Beschwörungsbedingungen verfügten, spezialbeschworen werden mussten und heftige Effekte mitbrachten. Alles Dinge, die heute normal sind, 2004 aber ein Novum war. 

Außerdem machte das Chaos-Format erstmals eine Banlist, wie wir sie heute kennen, notwendig.

Wer wissen will, wie es danach weitergeht, dem seien meine Artikel über die Entwicklung der Meta empfohlen. Für heute beenden wir an dieser Stelle unsere Reise in die Vergangenheit, denn Invasion of Chaos ist das letzte Booster, das in der 25th Anniversary Box enthalten ist. 

Die 25th Anniversary Box

Mit der neuen Box, die Konami anlässlich des 25. Geburtstags des TCGs spendiert, reisen wir in eben diese geschilderte Vergangenheit. Enthalten sind die ersten sechs Booster, die es in den frühen 2000er Jahren Nach Amerika und Europa geschafft haben. Ihr erhaltet somit je ein Booster von Legend of Blue Eyes White Dragon, Metal Raider, Spell Ruler, Pharaoh‘s Servant, Dark Crisis und Invasion of Chaos. Für Sammler dürfte es wichtig sein zu wissen, dass die Booster mit einem 25th Anniversary Logo gekennzeichnet und somit eindeutig als Reprint zu erkennen sind. 

Neben den sechs Boostern enthält die Box eine ganze Reihe an Promo-Karten. 

Als erstes findet ihr die drei Ägyptischen Götterkarten. Bei diesen handelt es sich allerdings leider nicht um die spielbaren Versionen, sondern um die an den Anime angelehnte Ausführung: Die Karten selbst verfügen über das Farbschema des jeweiligen Gottes und auch die Rückseite ist in dieser Farbe gehalten. Anstelle eines Effekttextes weisen die Karten einen allgemeinen Beschreibungstext auf, wie man sie von effektlosen Monstern kennt. Diese Karten sind zwar offizielle und originale Konami-Produkte, sind aber eher eine Mischung aus Orica und TCG-Karte. 

Außerdem kann Konami es sich nicht nehmen lassen, mal wieder die drei Signaturmonster der ersten Staffel in diese Box zu werfen. Ihr erhaltet also auch die gefühlt hundertste Ausführung von Dunkler Magier, Blauäugiger w. Drache und Rotäugiger schwarzer Drache

Die Box selbst ist wirklich schön gestaltet und wirkt hochwertig, ob die 25th Anniversary Edition aber auch inhaltlich etwas taugt, klären wir jetzt.

Die Promos

Die enthaltenen Promos habe ich ja bereits erwähnt, unerwähnt ist bisher, dass ihr diese Karten alle in Ultra Rare in der Box findet. Zusätzlich beinhaltet die Box eine siebte Promokarte und die ist durchaus interessant:

Dabei handelt es sich nämlich um eine Karte in der neuen Seltenheitsstufe Quarter Century Secret Rare. Die Karten haben im Bereich des Karten- beziehungsweise Effekttextes ein Wasserzeichen mit dem 25th Anniversary Logo, das wir bereits von den Boostern kennen. Zusätzlich erinnert diese Seltenheitsstufe stark an die Starlight Rares, die ihr als begehrte Highlights in diversen Sets ziehen könnt. Die Nähe zu diesen Starlight Rares ist aber etwas, was in der Community mit gemischten Gefühlen aufgenommen worden ist. Einerseits kommt so jeder Spieler in den Genuss einer Seltenheit, die den Starlights recht nahe kommt. Da echte Starlight Rares gut und gern mehrere hundert Euro kosten, sind diese nicht für Jedermann erschwinglich. Konami ermöglicht also auch Budget-Spielern einen optischen Leckerbissen, gleichzeitig muss man natürlich sagen, dass die Promos in Quarter Century Secret Rare preislich lange nicht an echte Starlights rankommen. 

Andererseits befürchten Sammler einen Wertverlust ihrer echten Starlight Rares, wenn diese Seltenheitsstufe nun inflationär in jede Box gepackt wird. Starlight Rares sind die seltensten Karten im TCG und sollten, so die Kritik, auch eine Rarität bleiben und nicht in leicht abgewandelter Form für die breite Masse zugänglich sein. 

Ich für meinen Teil freue mich über die neue Seltenheit und kann die Kritik nicht ganz nachvollziehen. Diese Promos haben derart wenig Einfluss auf die Spiel- und Sammelwelt, dass hier mit keinerlei Preisschwankungen zu rechnen ist. Berechtigte Kritik an den Promos gibt es aber dennoch und die betrifft die Artworks. 

Wenn man schon ein Nostalgie-Set auf den Markt bringt, warum wählt man dann nicht auch die klassischen Artworks der Karten? Die jeweiligen Starter Decks Yugi, Kaiba und Joey liefern hier doch bereits eine gute Vorlage. Oder man hätte auf die Versionen aus Legend of Blue Eyes White Dragon zurückgreifen können, die für den weißen Drachen und den Dunklen Magier direkt ein alternatives Artwork bereithalten. 

Die Artworks, für die Konami sich entschieden hat, dürften aber kaum jemanden hinter dem Ofen hervorlocken, dazu fehlt es einfach an Nostalgiefaktor. 

Darüber hinaus hätte ich mich gefreut, wenn die Götterkarten in ihrer spielbaren Version enthalten wären. Ich verstehe, dass Konami hier den Nostalgiefaktor bedient und ich finde diese Entscheidung auch absolut nachvollziehbar und logisch, aber auch Nostalgiker wollen mit ihren Decks spielen und das geht mit diesen Göttern eben nicht. 

Die Booster 

Sprechen wir nun ein bisschen ausführlicher über die sechs Booster und die Karten darin. Zunächst einmal muss klar sein, dass es sich bei den Boostern um die ersten Produkte handelt, die es je im Yu-Gi-Oh!-TCG gegeben hat. Das bedeutet zweierlei: Zum einen sind die Karten, die ihr dort ziehen könnt, im heutigen Spiel kaum mehr interessant. Viele (gerade seltene) Karten sind auf der Banlist und dürfen gar nicht gespielt werden. Was habt ihr davon, wenn ihr beispielsweise Starker Wachposten aus Spell Ruler zieht? Entweder seid ihr Sammler und packt ihn in euren Ordner oder ihr verkauft ihn und investiert das Geld in spielbare Karten des aktuellen Formats. Immerhin: Ultra oder Secret Rares aus diesen Boostern bringen ein hübsches Sümmchen. Einen tatsächlichen Spielwert enthält die 25th Anniversary Edition aber nicht

Zum anderen sind die Bezeichnungen der Seltenheitsstufen in den frühen Tagen des TCG noch wörtlich zu verstehen: eine Ultra Rare ist damals eben tatsächlich ultra selten. Das bedeutet, dass es gut sein kann, dass die einzigen Holos, die ihr in dieser Box zu Gesicht bekommt, die Promos sind. Aus den Packs werdet ihr in der Regel nur Rares und vielleicht mal eine Super Rare ziehen. Gleichzeitig lässt sich die oben angebrachte Kritik der mangelnden Spielbarkeit der Karten auch wunderbar in einen positiven Aspekt umformulieren: wenn ihr eine Ultra Rare oder gar eine Secret Rare zieht, werdet ihr diese vermutlich sowieso nicht spielen wollen oder dürfen, sodass sich die Frage nach dem Weiterverkauf gar nicht stellt. 

Deutlich enttäuscht, das muss ich so offen sagen, hat mich das Design der Karten. Wie oben bereits angesprochen, gelingt es Konami einfach nicht, ihrem eigenen Produkt gegenüber konsequent zu sein. Jüngere Spieler, die keinen emotionalen Bezug zu den alten Boostern und Karten haben, werden sich wohl kaum für dieses Produkt begeistern können. Zielgruppe sind also die Yugi-Boomer, die das Spiel von der ersten Stunde an spielen. Nur: gerade diesen wird die 25th Anniversary Edition nicht bis in letzter Konsequenz gerecht:

Das Kartendesign hat sich in den letzten gut 20 Jahren ein wenig verändert: das Farbkonzept ist leicht anders, Textbox und Bild sind vergrößert worden, Holoeffekte wurden leicht angepasst, etwa, indem mittlerweile auch das Eigenschaftssymbol und die Stufenangabe glitzern. 

Tja, und diese Änderungen wurden eben für die Neuauflage der alten Booster nicht rückgängig gemacht. Ihr erhaltet also gar kein Invasion of Chaos oder Dark Crisis Booster, sondern lediglich einen modernen Reprint in passender Seltenheitsstufe, der in eine entsprechende Boosterverpackung gesteckt wurde. 

Klingt kleinkariert? Das ist es gewiss, aber trotzdem hätte ich mir hier ein Konzept gewünscht, das kompromissloser alte und längst vergriffene Booster zurückbringt und uns das tatsächliche alte Kartendesign präsentiert, sodass wir alte Karten wie Jinzo nun wieder in Near Mint besitzen können. 

Der Preis

Zum Schluss ein wirklich positiver Aspekt: der Preis. 

Die Box bekommt ihr, je nach Anbieter, für 25 bis 35 Euro. Die enthaltene Quarter Century Secret Rare, die ihr ja garantiert in jeder Box bekommt, hat mit etwa 10 Euro einen recht hohen Wiederverkaufswert. Will heißen, dass ihr letztendlich für sechs Booster und sechs Promos zwischen 15 und 25 Euro investiert. Das ist doch wirklich mal ein guter Deal! 

Als Magic: The Gathering seinen 30. Geburtstag feierte, erschien eine ganz ähnliche Box wie nun diese hier. Dort habt ihr 4 Booster mit jeweils 15 Karten erhalten, die aber noch nicht einmal turnierlegal sind. Der Unterschied liegt im Preis. Die Magic-Box kostet dreißig mal so viel wie die Yugioh-Box. Ganze 1000 Euro werden fällig für schlappe 60 Karten. Konami brint quasi dasselbe Set auf den Markt wie Wizard, nur sind die meisten der Karten theoretisch zumindest spielbar und die Box kostet nur ca. 30 Euro. 

Wir brauchen nicht darüber sprechen, dass 1000 Euro ein absurder Preis ist, die 25th Anniversary Edition ist hingegen bei aller Kritik insgesamt wirklich angenehm eingepreist.

Urteil

Wir haben es dieses Mal mit einem durchwachsenen Produkt zu tun. Einerseits dürfte die Zielgruppe recht begrenzt sein und dieser wird die 25th Anniversary Box nicht bis ins Detail gerecht.

Das soll nun kein umfassender Meckerartikel werden, denn die Box bringt andererseits auch viel Gutes mit: Mir gefällt zum Beispiel die neue Seltenheitsstufe mit Wasserzeichen und Starlight-Effekt sehr gut. Anlässlich eines Jubiläums eine neue Rarität zu schaffen, ist doch wirklich eine feine Sache und lässt Sammlungen und Decks optisch aufwerten, wenn auch nicht unbedingt preislich. 

Der Grund, warum die 25th Anniversary Edition gefühlt in der Community so wenig Anklang findet, mag auch in einer gewissen Übersättigung liegen: Wir sind mittlerweile Sets gewohnt, in denen nur Ultra Rares enthalten sind und Sets, in denen garantiert in jedem Booster eine Holo ist, sind eigentlich Standard. Es mag also gar nicht so schlecht sein, sich rückzubesinnen und sich auch 20 Jahre nach Invasion of Chaos den finanziellen und ideellen Wert einiger Karten noch einmal bewusst zu machen. 

Sicherlich hätte es nicht schon wieder einen Reprint von Dunkler Magier oder Blauäugiger w. Drache gebraucht. Und auch heute kommen Nostalgiker ja durchaus regelmäßig auf ihre Kosten, etwa durch den Torwächter-Support im jüngst erschienenen Maze of Memories. Wie wäre es stattdessen mit Reprints aus den jeweiligen Deckthemen? Blauäugiger alternativer weißer Drache zum Beispiel ist immer noch nicht wirklich günstig und auch Seelen der Magier würden sich über einen Budget-Reprint freuen. So könnte Konami diese Decks am Leben halten und Fans dieser Themen müssten für diese Decks nicht gleich eine Niere verkaufen. 

Der April war, was neue Produkte angeht, wirklich karg, nun blicken wir aber Cyberstorm Access entgegen, und das dürfte wieder einige Bewegung in unser Spiel bringen.

Wie ist eure Meinung zur 25th Anniversary Box? Verratet es uns gern in den Kommentaren.

Euer

Hyozan 

Über Hyozan

Yu-Gi-Oh!-Veteran der ersten Stunde

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