Es spielt keine Rolle, wie intensiv ihr euch mit Yugioh auseinandersetzt, in einer Sache dürften wir uns alle einig sein: Dieses Hobby ist unglaublich vielseitig. Die einen sammeln einfach nur, die anderen spielen locker gegen Freunde und vielleicht im eigenen Ort auf kleineren Turnieren und wieder andere haben den Ehrgeiz, auch auf größeren Turnieren mit dem stärksten Yugioh-Deck eine gute Figur zu machen.
Doch damit ist noch lange nicht alles abgedeckt: Es gibt Figurensammler, Schiedsrichter, Blogger und natürlich auch YouTuber, die ihr Hobby ganz individuell ausleben. Heute soll es um einen dieser YouTuber (oder auch YugiTuber genannt) gehen.
Der Kanal
Vor einigen Monaten bin ich über den Kanal gestolpert, um den es heute gehen soll. Die großen YugiTuber aus Deutschland und den USA sagen mir schon länger nicht mehr zu, denn dort wird mittlerweile häufig einfach nur noch auf Masse produziert: „Schaut, wie viel Geld ich wieder in völlig absurde Produkte gesteckt habe!“ oder „Seht NUR HIER, wie ich das absolute TIER 0 DECK präsentiere!“ Das hat irgendwo auch seine Berechtigung, doch die zunehmende Kommerzialisierung und die Clickbait-Titel dieser Kanäle schrecken mich einfach etwas ab.
Stattdessen genieße ich den Content der kleineren YouTuber, die mit Herzblut bei der Sache sind und ohne diesen ganzen kommerziellen Druck auskommen.
Ein solcher Kanal ist Francis Gaming, um den es heute gehen soll und der aktuell ca. 700 Abonnenten hat. Hier erhaltet ihr seit Sommer 2020 regelmäßig Deckprofile, Combo-Videos, Openings und Reviews zu neuen Produkten, aber auch zu Spielstrategien und einzelnen Karten und Bewertungen des Formats in Form von Banlist-Überlegungen. Frank, der Betreiber des Kanals, veröffentlicht zweimal wöchentlich neuen Content, sodass euch nie langweilig wird. Dabei zeigt er stets auf ganz unaufdringliche Art, dass er mit Leidenschaft dabei ist und sich wirklich gut mit dem Spiel und dem Format auskennt.
Jetzt hat er Zeit gefunden, mir Rede und Antwort zu stehen und uns Einblicke in seine Arbeit als YugiTuber gewährt.
Sprechen wir erst einmal über Yugioh ganz allgemein: Wie bist du zu diesem Hobby gekommen?
Frank: Tatsächlich hat das mit Yu-Gi-Oh! bei mir recht früh angefangen und zwar durch den Anime. In der Grundschule und in den unteren Klassen auf dem Gymnasium war der bei meinen Freunden und mir sehr angesagt. Und natürlich wollten wir das Spiel aus dem Anime dann auch selbst erleben und sind so zum Spiel selbst gekommen. Ich habe zu der Zeit alles aufgesogen, was mit Yu-Gi-Oh! zu tun hatte und zum Beispiel die Zeitschrift Cardmaster, die es damals gab, regelmäßig verschlungen.
Ab der 6. Klasse wurde es dann immer weniger mit Yu-Gi-Oh!, einfach, weil andere Interessen in den Vordergrund rückten und auch Mädchen zunehmend ein Thema waren – und die stehen meistens nicht so auf Yu-Gi-Oh!.
Also habe ich schweren Herzens meine Karten verkauft, was rückblickend betrachtet vielleicht nicht so clever war, weil die Karten mittlerweile einen horrenden Wert hätten.
Ganz aus dem Blick verloren habe ich das TCG aber nie: ob es nun neue Spiele für diverse Konsolen oder das Handy waren – irgendwie hatte ich das Spiel immer im Hinterkopf. In der Zeit von 5Ds und Pendel war ich aber raus und bin dann erst wieder 2016 eingestiegen. Mit einem Freund zusammen bin ich dann einfach in den Kartenladen und habe mir die Yugis Legendary Decks – King of Games Box gekauft, die drei vorkonstruierte Decks aus den ersten Staffeln des Anime enthält.
Wirklich eingestiegen bin ich dann mit dem Hauptset Breakers of Shadows. Im ersten Jahr habe ich mir erst einmal alle wichtigen Karten besorgt und wieder ein bisschen Spielpraxis gesammelt, indem ich gegen Freunde gespielt habe.
In den letzten Jahren vor der Pandemie war ich dann viel auf YCSs und Regionals unterwegs. Insofern würde ich mich schon als Competitive Player bezeichnen. Nicht unbedingt weil ich die krassesten Siege einfahre, aber insgesamt doch zufrieden mit meinen Ergebnissen bin: so habe ich auf der letzten YCS zwar nicht im Hauptevent gespielt, war aber im 3 gegen 3 Format am Start. Und da bin ich dann mit einer Quote von 7:0 rausgegangen.
Insgesamt komme ich auf 3 oder 4 YCSs in dieser Zeit.
Was ist dein Lieblingsdeck?
Frank: Ich spiele einfach Decks, die ich cool finde – sei es nun optisch, weil mir das Artwork der Karten gefällt, oder aufgrund einer ansprechenden Spielmechanik.
Mein absolutes Lieblingsdeck sind aber wohl Thunder Dragons und deswegen feiere ich das neue Spiel Master Duel auch so. Dort ist nämlich Donnerdrachen-Koloss auf 1 und nicht wie bei uns im TCG verboten. Das liegt daran, dass sich das Spiel an der Banlist des OCG orientiert und dort darf Donnerdrache-Koloss einmal gespielt werden. Die Donnerdrachen waren mein ersten turniertaugliches Deck, mit denen ich erfolgreich die erste YCS bestritten habe. Auch wenn ich dort nicht getoppt habe, haben die Donnerdrachen einfach einen Platz in meinem Herzen und falls Koloss eines Tages wieder erlaubt werden sollte, werde ich das Deck auch wieder spielen.
Auch ganz weit oben stehen bei mir Infernoid und Nixenrüstung, aber auch Cyber Drachen finde ich super. Generell: wenn es böse, große Monster gibt, gefällt mir das.
Ein Kumpel von mir stürzt sich immer auf neue Decks und will jetzt auch die neuen Exoschwestern aus The Grand Creators unbedingt spielen. Ich war da immer anders; ich spiele einfach, worauf ich Lust habe und umschiffe da dann auch mal gerne ein richtig starkes Deck, weil es mich einfach nicht hypt.
Wie beurteilst du unser aktuelles Format? Gegen welche Decks spielst du gerne und welche Decks nerven dich?
Frank: Ich bin sehr gespannt, wie sich unter Format durch die neue Banlist entwickelt, denn da hat sich ja nun einiges getan.
Gar nicht gerne spiele ich gegen sehr control-lastige Decks, wie zum Beispiel Altergeist. Das ist zwar momentan kein metarelevantes Deck, aber ein guter Altergeistspieler kann mich ganz schön Nerven kosten. Ich finde das Deck sowieso unterschätzt, das kann einem ordentlich zusetzen.
Im aktuellen Format spiele ich gar nicht gerne gegen die diabolische Kombination aus Lyrikliedervogel und Tri-Brigade.
Eigentlich finde ich es gar nicht so schlimm, was diese Decks gemacht haben, aber dass die Decks am Ende mithilfe von Simorgh, Vogel der Oberherrschaft einfach noch eine Barrierenstatue der Sturmwinde aufs Feld legen, habe ich immer als nervig empfunden. Insofern bin ich sehr froh, dass Simorgh mittlerweile verboten worden ist.
Gar nicht schlimm fand ich dagegen Schwertseele. Das ist zwar ein wirklich gutes Deck und auch das Verbot von Oberster Todfeind Protos ist gerechtfertigt, aber es ist kein unfaires Deck.
Insgesamt finde ich es einfach schade, wenn bestimmte Engines einfach in jedes Deck geklatscht werden. So bin ich großer Fan des Abenteurer-Themas, bin aber nicht so begeistert, dass die Abenteurer-Engine nun in jedem Deck gespielt wird. Selbes gilt natürlich auch für Schicksals-HELD – Destroyer Phoenix Enforcer oder auch Rotäugiger Dunkler Dragoner. Natürlich spielt jeder diese Engines, aber ich mag es einfach, wenn verschiedene Decks auf verschiedene Mechaniken und Win-Conditions zugreifen und es nicht nur darum geht, wer mehr Handtraps auf der Hand hat.
Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, wo die Reise hingeht und glaube, dass das Dinomorphia-Thema noch richtig stark wird. Der Archetyp ist jetzt in Battle of Chaos neu erschienen und wird in Dimension Force nicht nur weiteren Support, sondern auch ein richtig starkes Bossmonster erhalten, das in dieselbe Kategorie gehört wie Wahrer König aller Katastrophen. Ich glaube, das Deck hat richtig Potenzial und ich werde das Deck auf jeden Fall mal ausprobieren.
Jetzt haben wir über das Spiel allgemein gesprochen. Wie war dann der Weg für dich vom aktiven Spieler hin zum YouTuber? Wie kam es, dass du dein Hobby um diese Komponente erweitern wolltest?
Frank: Das war tatsächlich einfach, weil ich das mal ausprobieren wollte. Im Zuge der Pandemie konnte ich meinem eigentlichen Beruf als Schauspieler nur noch bedingt nachgehen und habe die Zeit dann genutzt, um mich mal an YouTube zu versuchen. Das lag nahe, weil ich mich ja sowieso viel mit dem Spiel beschäftige.
Mein erstes Ziel ist jetzt, auf 1.000 Abos zu kommen, aber ich betreibe meinen Kanal wirklich nur als Hobby und möchte mir da derzeit keinen Druck machen, abliefern zu müssen. Der Traum ist aber, dass sich das Hobby eines Tages selbst finanziert und ich durch Kooperationen mein Hobby ausleben kann.
Ich mache zwei Videos pro Woche und möchte davon momentan auch nicht abweichen. Ich weiß natürlich, dass ich mit mehreren Videos schneller eine große Reichweite erziele, aber das ist gar nicht unbedingt mein Ziel: ich möchte mit YouTube Spaß haben, das tatsächliche Spiel steht aber für mich immer an erster Stelle.
Beschreibe doch mal den Weg von einer Idee zum fertigen Video – wie gehst du vor?
Frank: Das ist ganz unterschiedlich. Ich werde oft gebeten, Videos zu diversen Decks zu machen. Das lehne ich dann aber meistens ab, weil ich das gewünschte Deck selbst gar nicht spiele.
Ich vermute, dass ich bald ein Video zu Dinomorphia machen werde. Dazu baue ich mir erstmal das Deck und teste es danach ausführlich auf entsprechenden Online-Plattformen. Ich möchte einfach nicht nur irgendein Deckprofil raushauen, sondern auch dahinter stehen und wissen, dass mein Build gut ist.
Ich möchte mir einfach sicher sein, dass das Deck für mich gut funktioniert und ich das Deck so, wie ich es spiele, auch vertreten kann.
Dann schaffe ich mir die Karten heran, denn ich möchte bei meinen Deckprofilen vor allem auf real existierende Decks und Karten zugreifen.
In dem Video selbst stelle ich dann das Deck vor und begründe auch ausführlich, warum ich eine bestimmte Karte spiele. Manchen ist das sicher zu ausführlich, aber mir ist wichtig, dass jeder Zuschauer auch versteht, warum ich mich für genau diese Version des Decks entschieden habe. Das macht es auch Einsteigern leichter.
Der Aufwand bei einem Deckprofil hält sich also in Grenzen: ich habe mein Deck und muss dann eigentlich nur noch die Kamera draufhalten und eben ein bisschen was zum Deck und den einzelnen Karten erzählen.
Ungleich komplizierter sind dann Videos, in denen man online irgendwelche Nostalgie-Packs öffnet und dann aus den gezogenen Karten ein Deck baut. Mit diesem Deck spielt man dann ebenfalls online gegen einen Kumpel. Die Idee stammt nicht von mir, das machen andere YouTuber auch, das macht aber auch einfach Spaß. Derartige Videos werden aber nicht so oft angeschaut, benötigen aber dennoch viel Arbeit:
Da muss ich erst einmal aufnehmen, wie ich die Packs öffne, dann natürlich die Duelle selbst und das alles muss auch noch kommentiert werden. Und das muss ich ja nicht nur für mich machen, sondern natürlich muss ich auch zeigen, welche Karten mein Kumpel zieht.
Das ist aufwendig und zeitintensiv, daher konzentriere ich mich lieber auf Openings und Deckprofile.
Was auch gut ankommt, sind Combo-Videos. Mein meistgeklicktes Video ist zum Beispiel ein Drytron-Combo-Video und da habe ich auch das Feedback erhalten, dass die Zuschauer dankbar waren, dass ich die Mechanik und die Möglichkeiten dieses Decks genauer erklärt habe.
Derartige Videos sind nicht so aufwendig und kommen gut an.
Erlebst du, dass Videos mit Meta-Content beliebter sind als andere?
Frank: Tendenziell ja. Gerade, wenn es um Combos geht, ist da der Meta-Bereich schon relevant. Gut liefen zum Beispiel auch meine Videos zum Myutant-Thema, das ja nicht im Meta-Bereich zu finden ist.
Generell glaube ich aber schon, dass Meta-Decks oder zumindest neue Decks gut ankommen. Aber auch Decks oder Themen mit Nostalgie-Faktor kommen meistens gut an. Gerade Videos rund um das Blauäugig-Thema oder über die Cyber Drachen sind beliebt.
Dass nostalgische Karten gut ankommen, erlebe ich aber auch außerhalb von YouTube: ein befreundeter Kartenhändler hat mir erzählt, dass sie sich vor Messen immer gut mit Ägyptischen Götterkarten eindecken, weil die dort richtig gut weggehen. Oft sind es Leute, die gar nichts mehr mit Yu-Gi-Oh! zu tun haben, sich aber dann an die Kindheit und Jugend zurückerinnern, wenn sie solche Karten sehen.
Was sind besondere Herausforderungen als YouTuber?
Frank: Was mir nicht so viel Spaß machen würde, wäre, wenn ich abliefern müsste. Ich möchte nicht, dass YouTube zu einer Pflicht für mich wird, und noch weniger möchte ich jede Woche vier oder fünf Videos abliefern müssen.
Natürlich brechen die Klickzahlen ein, wenn man unregelmäßig oder zum Beispiel nur einmal wöchentlich etwas postet. Ich merke aber auch schon, dass es extrem was gebracht hat, wöchentlich nicht nur ein, sondern zwei Videos zu posten.
Gerade YugiTuber, die auf den Algorithmus angewiesen sind und durch diesen gepusht werden, stehen ja im ständigen Zwang, etwas abliefern zu müssen. Und irgendwann geht dir dann auch der Content aus. Worüber redest du noch, wenn du fünf Videos in der Woche postest? Yu-Gi-Oh! ist eh schon ein schnelllebiges Spiel mit ständig neuen Produkten, aber es gibt nun ja auch nicht täglich neue Ankündigungen, über die man in seinen Videos dann sprechen könnte. Irgendwann wird es dann auch irrelevant. Mir würde es keinen Spaß machen, wenn ich mir Content aus den Fingern saugen müsste, obwohl es de facto vielleicht aktuell gar nichts zu berichten gibt. Das umgehe ich bewusst und möchte von meinem Rhythmus von zwei Videos pro Woche aus diesem Grund auch nicht abweichen.
Die großen YugiTuber aus den USA produzieren ja zum Beispiel auch Videos, in denen sie einfach mal 5000$ bei Walmart ausgeben und schauen, was sie so ziehen. Das ist für den durchschnittlichen Spieler aber ja unerreichbar und geht für mich auch darüber hinaus, was Yu-Gi-Oh! eigentlich sein sollte.
Natürlich habe ich großen Respekt davor, was diese YouTuber erreicht haben, aber mein Weg wäre das nicht.
Was sind deine Ziele mit deinem Kanal? Hast du beispielsweise eine Marke an Abonnenten, die du unbedingt knacken möchtest?
Frank: Aktuell strebe ich an, erst einmal die 1.000-Abonnenten-Marke zu knacken. Den Rest lasse ich einfach erst einmal auf mich zukommen. Aber ich mag meinen Hauptberuf zu gerne, um mich da ganz und gar YouTube zu verschreiben. Insofern liegen die Prioritäten für mich momentan auf der Schauspielerei.
Wenn sich aber das Hobby irgendwann selbst finanziert oder sogar einen kleinen Bonus abwirft, dann würde ich mich dem natürlich auch nicht verschließen.
Wenn das klappt, freu ich mich total, aber es ist nicht mein großes Ziel und ich arbeite darauf auch nicht aktiv hin – dazu müsste ich mehr investieren und dazu bin ich momentan aus den genannten Gründen nicht bereit.
Wenn ich jetzt sage, dass ich fortan auch Yugioh-Videos machen möchte: Welche Tipps würdest du mir mit auf den Weg geben?
Frank: Tatsächlich glaube ich, dass man dafür nichts Besonderes können muss. Wenn man Bock auf Yu-Gi-Oh! hat und das zeigen möchte, dann hat man eigentlich schon alles, was man braucht.
Klar, die Lust, Videos zu schneiden und zu filmen, sollte schon da sein. Aber für den Anfang braucht man auch kein krasses Equipment: ein Handy, ein Stativ und vielleicht eine zusätzliche Lichtquelle reichen für den Anfang schon aus. Hol dir einfach die paar Sachen an Ausrüstung und mach das, worauf du Lust hast: Wenn du Bock auf Openings hast, dann mach Openings. Wenn du Bock auf Deckprofile hast, dann zeig der Welt deine Decks. Wenn du Bock hast, Master Duel zu streamen, dann mach das. Wenn man Spaß an einer Sache hat und diese Sache mit Herzblut betreibt, dann spüren das die Leute und das kommt dann auch bei den Zuschauern und Abonnenten an.
Dinge zu tun, hinter denen man steht, ist eigentlich das ganze Geheimnis. Dann wirkt ihr authentisch und könnt andere Menschen da draußen mit eurem Hobby begeistern.
Bessere Schlussworte hätte ich selbst auch nicht finden können. Ich hoffe, euch hat dieser kleine Ausflug in die Welt der YugiTuber gefallen.
Schaut also doch einfach mal auf dem Kanal Francis Gaming vorbei!
Euer Hyozan